7.4.24

Alice Ekert-Rotholz: Die Pilger und die Reisenden

 Inhalt

Der geniale Architekt Alexander Rigby vernachlässigt seine sensible Frau Anne, eine englische Schönheit; der irische Opalsucher Patrick Trent wird das Opfer seiner erfolgssüchtigen Frau; Robert Muir, der australisch-japanische Perlenmagnat, muß sich sein Glück erkaufen; dem Fotomodell Candy werden seine Reize zum Verhängnis. Sie alle sind Figuren im Gesellschaftsleben der faszinierenden Millionenstadt Sydney.


Zitat

Ich dachte oft über die Freundschaft zwischen Alex und John Darling nach. Ich merkte erst viel später, daß John - der gern im Hintergrund bleibt - Alexander beschützt, wie nur die Unscheinbaren die Glänzenden beschützen können. Er rettete Alex vor sich selbst, solange es ging. Er war der eintige, der Alexander widersprechen konnte, ohne eine Eiszone in der glühenden Sonne zu schaffen.

Kurzbiografie

Alice Ekert-Rotholz

 Ich interessiere mich ja seit Jahren für vergessene Autorinnen und werde da bei Magda Birkmann fündig. Ich sitze oftmals da und überlege, über welche Autorin ich eine Kurzbiografie schreiben könnte. Klar, auf jeden Fall DDR-Autorinnen, habe ich doch jahrelang DDR-Bücher in einem Blog gesammelt, der jetzt von jemand anderem betreut wird.

Von Magdas Buchtipps habe ich mittlerweile einen ganzen Ordner voll auf dem PC und überlege nun, zu ihren entdeckten Autorinnen Kurzbiografien zu schreiben. 


Anfangen möchte ich heute mit Alice Ekert-Rotholz, die als Alice Maria Augusta Ekert am 5. September 1900 in Hamburg geboren wurde. Drei Jahre vor ihrem Tod am 17. Juni 1995 in London erschien 1992 ihr letztes Werk "Die letzte Kaiserin". Neben ihren Romanen schrieb sie zeitlebens auch Gedichte. Postum erschien bei Hoffmann und Campe im Jahr 2000 der Lyrikband "Im feurigen Licht. Gesammelte Gedichte von 1929 bis 1993". Ihr Sohn Heinz Redwood hat ihn herausgegeben und mit einem Nachwort versehen.

Erste Gedichte erschienen in den 1920er-Jahren in der "Weltbühne". Ihre Romane sind vorwiegend Gesellschaftsgeschichten, die in exotischer Umgebung spielen. Besonders in der BRD der 1950er- und 1960er-Jahre waren sie große Verkaufserfolge; die Gesamtauflage ihrer Werke liegt bei über drei Millionen verkaufter Exemplare. Man kritisierte sie oft wegen der klischeehaften Romantik, doch man gestand ihr einen gewissen „englischen“ trockenen Humor und Beobachtungsgabe zu.

Vergessen ist die Autorin noch nicht, denn schon in der 2. Hälfte der 1990er-Jahre bis in die 2000er-Jahre hinein wurden Werke von ihr neu aufgelegt. 

Alice Ekert war mit dem Zahnarzt Ludwig Rotholz verheiratet - von daher Ekert-Rotholz.

Von 1933 bis 1952 lebte sie mit ihrem Mann im Exil - zuerst in London, dann in Bangkok. Während dieser Zeit reiste sie nach Asien, Australien und in die Karibik.

1952 ging es zurück nach Hamburg, wo sie über Jahre als Journalistin arbeitete. Nebenher entstanden Reisebücher und Romane.

Als 1959 ihr Mann starb, zog Alice Ekert-Rotholz noch London, wo sie bis zu ihrem Tod in Hampstead lebte. Beigesetzt ist sie auf dem Highgate Cemetery in London.


Die Pilger und die Reisenden

6.4.24

Inge von Wangenheim: Professor Hudebraach

Inge von Wangenheim hat in allen ihren Romanen die großen, menschenverändernden Probleme unserer Zeit zum Gegenstand ihrer literarischen Anliegen gemacht. Diese Bücher wurden viel diskutiert und erregten das Interesse breitester Leseschichten. In diesem Roman gestaltet sie die Liebe zwischen der Dozentin für Politökonomie Toni Berger und dem Kernphysiker Hudebraach, der nach zehnjähriger Tätigkeit in der Sowjetunion in die DDR zurückkehrt.

Beide Menschen stehen im Herbst ihres Lebens, begegnen einander wider Willen im Thüringer Wald und erkennen in schönen Oktobertagen von völlig verschiedenen sozialen und ideologischen Aspekten her die wahre Größe ihrer gemeinsamen moralischen und gesellschaftlichen Verantwortung vor ihrem Vaterland. Ihre reife und ernste Liebe lehrt sie tiefer und nachdrücklicher, als die Theorie es vermag, zueinander zu finden und den unlöslichen Zusammenhang ihres Wirkens in der Gesellschaft zu erkennen.

Mitteldeutscher Verlag Halle-Leipzig, 4. Auflage 1979


Kurzbiografie

5.4.24

Leena Lander: Die Insel der schwarzen Schmetterlinge

Die finnische Schriftstellerin Leene Lander wurde am 25. Oktober 1955 geboren. Sie gehört nicht zu den vergessenen Autorinnen, aber vielleicht zu den unbekannteren bei uns in Deutschland. Es gibt zwar eine Reihe deutschsprachiger Bücher von ihr, aber in den sozialen Medien und in Bücherforen ist sie mir noch nicht begegnet.

"In ihren Romanen wird der Perspektive der Kinder großen Raum gegeben. Sie thematisiert dabei ohne Verurteilungen Reizthemen, wie die Kooperation Finnlands mit den Deutschen im Zweiten Weltkrieg, finnischen Rassismus, Emanzipation, Umweltzerstörung oder Alkoholismus." - Wikipedia

Gerade habe ich mir mal angeschaut, was sie noch geschrieben hat, und stelle fest, dass ich alle Bücher von ihr lesen möchte.

Das Buch wurde 2014 zur Frankfurter Buchmesse, wo Finnland Ehrengast war, neu aufgelegt.


Bis über die Hälfte des Buches weiß ich noch nicht, warum die anderen Leser so begeistert sind und wie ich es einordnen kann - als Familiengeschichte? Als Krimi? Bisher kommt mir beides zu kurz.
Ich kann auch die Sprünge nicht richtig einordnen und die Personen mit den fremd klingenden Namen bzw. die nur "der Mann" und "die Frau" genannt werden.
Was ich weiß, ist, dass ich in einer Rückblende den Jungen Juhani Johansson kennenlerne. Der Vater ist Alkoholiker, die Mutter leidet wohl unter Depressionen. Nachdem sie das jüngste Kind ins Wasser fallen ließ und Juhani es wieder rausgeholt hat, kommt er auf eine kleine Insel vor der Küste Finnlands in ein Erziehungsheim für Jungen. Dort ist er anfangs allerlei Schikanen ausgesetzt. Doch er lebt sich mit der Zeit ein.
Kurz nach einem Besuch seines Vaters, der dem Heimleiter etwas von Seidenraupen erzählt, ereilt Juhani die Nachricht, dass seine Eltern bei einem Autounfall ums Leben kamen. Deren Unterlagen und ein bisschen Geld sollte er bekommen, wenn er das Heim mal verlässt...
Die Frau des Heimerziehers lebt in einer absolut unglücklichen Ehe. Sie fragt sich, ob und wie es sein kann, dass von dieser Ehe nichts mehr vorhanden ist. Der Mann hat zwar Kinder mit ihr in die Welt gesetzt - allerdings nur Mädchen - einen Jungen hat er durch einen Seitensprung.
Das Paar hat ansonsten nichts gemeinsam. Die Frau möchte unbedingt runter von der Insel, doch ihr Mann will die Arbeit nicht lassen. Und so beginnt sie eine Affäre mit einem der Zöglinge.
Die sie aber schnell wieder beendet, als sie sich draußen in den Dünen mit ihrem Liebhaber rumtrieb und auf einmal sah, wie eine ihrer Töchter in Richtung Wasser schlafwandelte.
Und dann überstürzen sich die Dinge und ich will nur noch wissen, wie es weitergeht und rase durch die letzten Seiten, die mich atemlos und wie vor den Kopf geschlagen zurücklassen.
Fazit: Nach meinem etwas holperigen Einstieg ins Buch bin ich doch jetzt rückblickend ganz begeistert.
 

4.4.24

Katja Kulin: Geliebte Orlando

 Inhalt

London 1922. Bei einem Abendessen lernt Virginia Woolf die zehn Jahre jüngere Vita Sackville-West kennen und ist so fasziniert wie eingeschüchtert von der burschikosen Hocharistokratin: Schön, skandalumwittert und schriftstellerisch erfolgreich ist sie ganz anders als Virginia, die sich als unzulänglich in allen Bereichen empfindet. Doch auch Vita ist hingerissen von Virginia, von ihrem Wesen, ihrem Geist. Aus Freundschaft wird berauschende Leidenschaft. Und eine tragische Liebe, die nicht nur Virginias Leben, sondern auch ihr Werk maßgeblich beeinflussen wird.


Buchbeginn

Jede Existenz kennt Momente, die überdauern. Erinnerungen, die ein Leben lang präsent bleiben, die, nur durch eine hauchfeine, durchlässige Membran vom Bewusstsein getrennt, jederzeit unverblasst und detailreich wieder aufblitzen können, angestoßen von einem Geruch, einem Geräusch, einem unbewussten Vorgang. Manchmal scheinen diese Erinnerungen ohne Grund besonders zu sein, es bleibt verborgen, warum gerade sie ein Leben lang erinnert werden und andere, die ebenso bedeutsam hätten sein können, nur durch die Erzählung von jenen, für die sie eben diese Eigenschaft haben, einen Platz im Gedächtnis zugewiesen bekommen.


Zitat

"Ich wünschte, du könntest für eine Woche in meinem Gehirn leben. Gewaltigste Wellen an Gefühlen durchfluten es."

Virginia an Vita, 2. März 1926


3.4.24

Elizabeth Jolley: Der Mann im Brunnen

 Aus dem Englischen von Franz Schrapfeneder

Laut Wikipedia wurden die Werke von Elizabeth Jolley (4.6.1923 - 13.2.2007) in zahlreiche andere Sprachen übersetzt, u. a. ins Spanische, Deutsche, Niederländische, Französische und Griechische.

Warum es nur vier Titel ins Deutsche geschafft haben, ist mir schleierhaft. Ich bin ja keine Literaturkritikerin, aber "Der Mann im Brunnen" muss ein Meisterwerk sein. 

Glücklicherweise habe ich die ins Deutsche übersetzten Bücher von ihr antiquarisch bekommen. 


Klappentext

Die ältliche Hester Harper holt ein junges Mädchen in ihr eigenes Leben im australischen Outback. Als Katherine eines Nachts jedoch einen Mann mit dem Auto anfährt, scheint die Freundschaft und friedliche Idylle der beiden Frauen plötzlich gefährdet zu sein. Heser läßt das Opfer im Brunnen verschwinden und setzt damit ein Meer ungeahnter Ängste und Phantasien frei...


Buchbeginn

"Was hast du mir gebracht, Hester? Was hast du mir aus dem Laden mitgebracht?"

"Ich hab' Katherine gebracht, Vater", antwortete Miss Harper. "Ich hab' Katherine gebracht, aber sie ist für mich."


Zitate

"Was Hester an Katherine so besonders schätzte, war die Art, wie sie mit beiden Händen nach dem Leben griff. Sie wollte das Leben genau so, wie sie es in Filmen sah, sie wollte das Abenteuer, und Hester wurde in diesen Sog mit hineingezogen. Diese Lebensgier nahm verschiedene Formen an, darunter auch die, alles haben zu wollen, was für Geld zu haben war. Überall in Magazinen, vor allem aber im Kino, erfuhr Katherine aus der Werbung, daß sie nur dies oder jenes brauchte, um vollkommen glücklich zu sein. Auch Hester ließ der gesunde Menschenverstand dann oft im Stich, und sie ließ sich einfach mitreißen."


1.4.24

Brigitte Doppagne: Clara - Eine Erzählung

Klappentext

Ein Sommerabend 1900 in Worpswede. Die Bildhauerin Clara Westhoff ist zusammen mit ihren Malerfreunden Paula Becker und Otto Modersohn bei Heinrich Vogeler in seinen gastfreundlichen "Barkenhoff" eingeladen. Neben dem Kamin sitzt an diesem Abend ein Fremder: Rainer Maria Rilke, der, aus Rußland kommend, auf der Durchreise ist.

Mit wenigen Strichen, aber präzise und genau schildert die Autorin die ersten Stunden der Begegnung von Clara Westhoff und Rainer Maria Rilke und fängt dabei die Aufbruchstimmung in der Worpsweder Künstlergemeinschaft ein: die Beziehungen der Freunde untereinander, ihr Suchen nach einem eigenständigen Weg, bei dem Kunst und Leben vereint sind, und nicht zuletzt die Faszination, die die Worpsweder Landschaft in ihrer Ruhe und Schönheit auf alle ausübt.


Buchbeginn

Zwischen hohen Kiefern schimmerten die weißen Wände eines großen Hauses. Eine Gestalt in einem hellen Kleid sprang vom Fahrrad und schob es den Waldhang hinauf, der Giebelfassade des Hauses und der davorgelegenen Estrade, an der rote und weiße Rosen emporrankten, entgegen. Vor der Tür und an den Enden der Estrade standen kleine Lorbeer- und Oleanderbäume. Die grünen Läden an den Fenstern waren aufgeklappt.


Zitate

Tanzen Sie? fragte Clara atemlos, als hätte sie bereits etliche Runden durch den Raum gedreht. Verzeihen Sie. Nein. Ich hasse den Tanz, sagte Rilke. Er preßte die Lippen leicht aufeinander. Als hätte er eine Speise angeboten bekommen, deren Anblick ihm widerwärtig ist, dachte Clara. Sie tanzte.


Die Gefahr, sich an den Scherben der Vergangenheit zu schneiden, aber irgendwann würde die Erinnerung zu Staub zerfallen. 


Nachher würde sie Rilke wiedersehen. Ein seltsamer Mensch, der sich in ihren Gedanken eingenistet hatte. Er wirkte so weich und zerbrechlich, aber Clara meinte auch eine verborgene Kraft an ihm zu spüren, die Strenge ahnen ließ, vielleicht Unerbittlichkeit, Härte sogar. Tat sie ihm Unrecht? Diese samtene Stimme, wenn er seine Gedichte vortrug und beinahe körperlos zu sein schien.

- Er, der am fremdesten zum Leben steht, ist wie der Türmer über einer Stadt...-

Und doch, irgend etwas flößte ihr Angst ein. Nein, nicht Angst, das Wort war zu stark, eher eine leise Beklemmung, ein unbestimmtes Unbehagen. Vielleicht legte es sich, wenn sie ihm öfter begegnete.


Ich will die Dinge so malen, wie sie sind, sagte Paula, riß einen blühenden Grashalm ab und begann, damit Muster in Claras Gesicht zu zeichnen. Oft fällt es mir schwer, die Zeit abzuwarten, bis ich etwas kann. Ich bin atemlos in der Arbeit, will weiter und weiter. Das Zeichnen befriedigt mich nicht, auch wenn ich weiß, daß es wichtig ist. Die Ölfarben, die liebe ich, sie sind so saftig, man kann seinen ganzen Schwung und seine Lust hineinlegen. Ich möchte zur Einfachheit der Form kommen, zur Tiefe der Farbe, zur Bewegung in der Farbe. Ich will erreichen, daß ein Gegenstand durch die Farbe des anderen vibriert. Und ich glaube, ich weiß jetzt, wie ich die Farben im Schatten, in der Dämmerung, zum Leuchten bringe:...