27.11.20

Margaret Skjelbred: Die Perlenkönigin


 Der 25. November gilt seit vielen Jahren als Aktionstag gegen die Gewalt an Frauen. 

Signhild sitzt am Sterbebett ihres Großvaters und erinnert sich daran, wie er sie, als sie noch klein war und noch nicht zur Schule ging, ganz langsam und fürsorglich dahin bringt, ihr schlimmes Erlebnis, dass sie tief im Gedächtnis vergraben hat, und das nur in ihren Träumen mal hervorlugt, zu verarbeiten.

Dieses Buch ist ein Schatz; nicht unbedingt wegen der Geschichte. Was Signhild erleben musste und noch vor ihrer Geburt ihre Mutter Liv, ist einfach nur traurig und macht mich wütend. Aber Margaret Skjelbreds Sprache ist so schön, wie ich sie noch nie gelesen habe. 


Mehr als 140.000 Menschen sind im Jahr 2018 nachweisbar Opfer von häuslicher Gewalt

geworden. Das geht aus der Polizeilichen Kriminalstatistik hervor.

- Statistisch betrachtet dauert es also nicht einmal vier Minuten, bis in Deutschland ein

Mensch neues Opfer von Gewalt in den eigenen vier Wänden wird.

- Das Dunkelfeld ist aber riesig: Nur ein kleiner Teil der Gewalttaten in den privaten vier

Wänden wird angezeigt.

- Dabei ist von einer Dunkelziffer von mindestens 80 Prozent auszugehen.

- Häusliche Gewalt ist demnach in jeder einzelnen Minute des Tages Realität in Deutschland.

- Häusliche Gewalt trifft vor allem Frauen: Fast 82 Prozent der Opfer sind weiblich.

- Knapp 18 Prozent der Gewaltopfer sind Männer.

- Männer suchen sich nach häuslicher Gewalt noch seltener Hilfe als Frauen.

Quelle: WEISSER RING

Leider sind die Hilfsangebote für Frauen, die häusliche Gewalt erleiden müssen, immer noch nicht ausreichend. Die Forderung an die Politik muss daher lauten: Mehr Frauenhäuser, mehr ausgebildete Fachkräfte, die sich um die Frauen und meistens auch Kinder kümmern können. Und viel mehr Angebote für Männer, die willens sind, sich ihrem Problem zu stellen.


Ein Thema, mit dem meine Familie auch Erfahrungen gemacht hat. Ich habe früher nie darüber offen gesprochen. Mittlerweile bin ich aber nicht mehr bereit, diese Erfahrungen totzuschweigen.

Auf den Bildern sind die beiden Männer (sie leben nicht mehr), vor denen ich in meiner Kindheit am meisten Angst hatte: mein Vater (li. mit mir) und mein Opa väterlicherseits. Beides Alkoholiker, die ihre Familie mit Gewalt tyrannisiert haben.

Ja, ich bin meinen Weg gegangen - aber glaubt es: Das hinterlässt Spuren und prägt fürs Leben. Erst vor einigen Jahren ist mir so richtig bewusst geworden, wie viele Entscheidungen, über die andere schmunzeln, ich auch heute noch unbewusst treffe, weil ich damals Angst vor diesen beiden Männern hatte.

22.11.20

Raffaella Romagnolo: Dieses ganze Leben

Lesen mit Mira 

Gleich auf den ersten Seiten erfahren wir von Paolas Problem: Sie hält sich für einfach zu dick und überlegt, wie es dazu kam. Bevor ihr Bruder Richi, der im Rollstuhl sitzt, geboren wurde, war sie auf Fotos ein kleines süßes Mädchen. Die nächsten Fotos von ihr gab es erst wieder zum Schulbeginn - kaum noch wiederzuerkennen.

"Kam das ganz plötzlich? Bin ich als süße Göre eingeschlafen und als Kotzbrocken aufgewacht...?" - S. 18/19

Ich bin auf Mirellas Rezension gespannt. Sie hat schon mehrere Bücher gelesen, die in Italien spielen, und sie hat sich bisher immer geärgert, was für ein Bild uns über dieses Land und seine Menschen gegeben wird.

Von daher war ich gespannt, wie es in diesem Buch ist. Zumindest kommt die Protagonistin ja schon mal aus einem reichen Elternhaus. Ihr Mitschüler Antonio kommt zwar aus einer Gegend mit Sozialwohnungen, doch er besucht das Gymnasium und hat einen schlauen Bruder, der Schach spielt.

Paola versucht sich anzupassen. Sie verschickt Textnachrichten, ist auf Facebook und versucht sich zu kleiden wie die anderen.

"Das alles fällt mir nicht leicht, seit erwiesen ist, dass die anderen herzlose Ungeheuer sind. Es war auch schon vorher schwer, im Grunde habe ich es schon immer gewusst. Aber was ist die Alternative? Allein sein? Mit niemandem reden?" - S. 48

Antonio bringt ihre Gedanken durcheinander. Mag er sie? Trifft er sie und Richi unterwegs wirklich nur aus Zufall? Doch wie sollte er Interesse an ihr haben - an einer Dicken mit Pferdegesicht?

Eines Tages kommen Männer und räumen die Wohnung aus - nehmen Papiere und Computer einfach mit. Paolas Mutter hat Geheimnisse. Ihr einziges Geheimnis ist, dass sie mit Richi fast jeden Tag bei Antonio und dessen Bruder Filippo ist. Die beiden Jungs spielen Schach. Antonios Mutter will Paolas Mutter kennenlernen, doch Paola will das verhindern, da sie überzeugt ist, dass sie dann nicht mehr dorthin darf. Doch Richi ist anderer Meinung. Als die Mutter dazukommt, reißt bei Paola erstmals der Geduldsfaden: 

"Aber klar doch ... Paola muss ein großes Mädchen sein, sie muss ,verantwortlich' sein, weiß Paola denn nicht, was für Probleme Richi hat, wie sehr Richi sich anstrengen muss? Paola sollte sich besser ganz still in eine Ecke verziehen und aufhören, uns auf den Sack zu gehen."
"Sei nicht so vulgär."
"Hast du ein Problem?"
"Was ist nur mit dir los?"
"Das würde ich dir sofort sagen. Wenn es dich bloß interessieren täte. Wenn du mich anschaust, siehst du doch nur, welche Kleidergröße ich trage. Du misst meine Taille, meinen Schenkelumfang, und das war's. Für manche Sachen hast du ein scharfes Auge, das halbe Kilo mehr errätst du aus hundert Meter Entfernung."
- S. 105

Diese Auseinandersetzung mit der Mutter ist ein erster Höhepunkt in dieser Geschichte. Und ich dachte, sie nimmt hier Fahrt auf. Da wurde ich enttäuscht. Insgesamt hat das Buch eine total negative Grundstimmung. Antonio ist die einzig positive Figur in der Geschichte. 

Bis kurz vor Schluss wusste ich auch nicht, wohin die Autorin wollte. Es werden einige Themen abgedeckt: Schönheitswahn, Menschen mit Behinderung, Jugendliebe, Familie, Rassismus (wenn Richi als behindertes Kind keine Chance hat, eine der beiden Privatschulen in der Gegend zu besuchen). Sollte es eine Familiengeschichte sein? Dazu blieben die Familienmitglieder zu blass. Anfangs könnte man meinen, es geht mehr um Paola und ihre Gewichtsprobleme, aber auch das verlor sich wieder. Noch dazu sprang sie mit ihren Gedanken hin und her. Ich meine, ich habe selbst beim Lesen schon manchmal Probleme, meine Gedanken in der Geschichte zu lassen. Wenn aber auch die Hauptfigur so sprunghaft ist, fällt mir das Lesen noch schwerer.

Ich hatte Mira gefragt, ob sie auch das Gefühl hat, als rede Paola wie eine Erwachsene. An einigen Stellen dachte ich, so spricht doch kein Kind. Durch unser Gespräch wurde mir dann aber bewusst: Sie musste früh erwachsen werden. Sie ist ja diejenige, die jeden Tag mit Richi zusammen war, die sich kümmerte, mit ihm unterwegs war. 

Ganz zum Schluss erfährt man dann, um was es der Autorin wirklich geht. Aber das war mir einfach zu schnell abgehakt. Sie hatte einige gute Themen angesprochen, die auch absolut aktuell sind, es aber versäumt, sie besser herauszuarbeiten.

Ich bedanke mich beim Diogenes-Verlag für das Rezensionsexemplar.

Hier könnt ihr die Buchbesprechung von Mirella lesen.

16.11.20

Michael Ondaatje: Der englische Patient

 


Eine wunderschöne, unglaublich traurige Geschichte.

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges bleibt die Krankenschwester Hana mit dem sogenannten englischen Patienten in einer toskanischen Villa zurück. Einige Zeit später treffen noch der Dieb Caravaggio, der mit Hanas Vater befreundet war, und der Bombenentschärfer Kip in der Villa ein.

Das Buch hat fünf Erzählstränge. Die Rückblenden der vier Hauptfiguren und das Geschehen in der Villa.

Hana hat für sich entschieden, dem Krieg den Rücken zu kehren und ist nicht mit dem Lazarett weitergezogen. Sie meint, der englische Patient ist nicht transportfähig, so blieb sie mit ihm zurück. Sie pflegt ihn aufopferungsvoll und er beginnt, ihr seine Geschichte zu erzählen.

Vor vielen Jahren habe ich den Film gesehen und danach erfahren, dass es ein Buch gibt. Durch die vielen Sprünge (für die Ondaatje bekannt sein soll) von einem zum anderen Rückblick ist es ein wenig schwer zu lesen.


15.11.20

Louisa May Alcott

* 29.11.1832 in Germantown, Pennsylvania

† 06.03.1888 in Roxbury, Massachusetts

Die US-amerikanische Schriftstellerin wurde für ihre Jugendbuch-Tetralogie Little Women, die auf Kindheitserlebnissen mit ihren Schwestern beruht, weltweit berühmt.

„Die Kraft, Schönheit in den einfachsten Dingen zu finden, macht das Zuhause glücklich und das Leben liebenswert.“

Louisas Mutter Abigail May Alcott kämpfte für die Abschaffung der Sklaverei, ihr Vater Amos Bronson Alcott war bekennender Transzendentalist. Die Familie, Louisa hatte zwei Schwestern, zog nach Boston,  wo der Vater mithalf, die experimentelle Temple School zu gründen und mit Ralph Waldo Emerson und Henry David Thoreau dem Transcendental Club beitrat.

Louisa wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf; der Vater konnte nicht mit Geld umgehen und das Schulmodell wurde ein Misserfolg. Mit dem Erbe der Mutter und durch Unterstützung des Freundes der Familie, Waldo Emerson, konnte sich die Familie ein Haus in Concord kaufen.
Die Schwestern wurden zu Hause unterrichtet, durften in Emersons Bibliothek stöbern, erkundeten mit Thoreau die Natur und Umgebung.

Louisas Leidenschaft fürs Schreiben begann schon früh, sie schrieb melodramatische Theaterstücke, die sie mit den Schwestern für Freunde aufführte. Ihr selbst lagen die Banditen, Räuber und Bösewichte.

Sie wollte aus den ärmlichen Familienverhältnissen hinaus und schwor sich, später reich zu werden. Sie nahm jede Stelle an, die sie kriegen konnte und arbeitete unter anderem als Näherin, Lehrerin und Haushälterin. In A Story of Experience (1873) konnte sie diese Erfahrungen verarbeiten. 
Auch die Schriftstellerei fand ihren Ursprung auf dem Willen, die Familie zu unterstützen. Sie fing mit Kurzgeschichten und Gedichten in Magazinen an, bis sie dann 1854 ihr erstes Buch Flower Fabels veröffentlichte. In diesem Buch finden sich Märchen für Emersons Tochter Ellen.

1856 - Louises Schwester Elizabeth (Vorbild für die Figur der Beth in Little Women) starb an Scharlach, ihre Schwester Anna heiratete. Louisa schrieb wenig später für The Atlantic Monthly, nahm 1862 als Lazaretthelferin am amerikanischen Bürgerkrieg auf Seiten der Nordstaaten teil, wo sie sich mit Typhus ansteckte. An den Folgen der Behandlung mit Quecksilber hatte sie bis zum Lebensende zu leiden. 1863 veröffentlichte sie ihr Werk Hospital Sketches, die Grundlage dafür waren ihre Briefe aus dieser Zeit, mit dem sie erstmals einem breiteren Publikum bekannt wurde.
Unter dem Pseudonym A. M Barnard folgten Schauer- und Gruselromane - auch diese Seite findet sich in Jo aus Little Women wieder.

Später folgte sie dem Weg ihrer Mutter und sympathisierte mit der Sufragettenbewegung. Sie kämpfte für Frauenrechte und das Frauenwahlrecht und engagierte sich für die Abschaffung der Sklaverei. Von dieser Bewegung ist auch ihr Erfolgsroman Vier Schwestern (1868/69) beeinflusst. 

Mit ihren Kinderbüchern, in denen sie sich um moralisch-pädagogische Integrität und literarisches Niveau bemühte, wurde sie berühmt. Da wären zum Beispiel: Ein Mädchen aus der guten alten Schule (1870) oder Kleines Volk (1871). Ihre Bücher schafften es auch nach Europa.

Ihr Gesundheitszustand verschlimmerte sich durch die Quecksilbervergiftung stetig, doch sie hörte nie auf zu schreiben. Kurz nach dem Tod ihres Vaters starb sie selbst am 6. März 1888 an einem Schlaganfall. Sie wurde nur 55 Jahre alt.

Auch der Film hat sich den Werken von Louisa May Alcott angenommen.
Eine frühe, britische Verfilmung aus dem Jahre 1917 gilt als verschollen. Die erste US-Kinoverfilmung, mit Katharine Hepburn und Joan Bennett, entstand 1933 unter der Regie von George Cukor (dt. als Vier Schwestern). Es folgte 1949 eine Version mit Elizabeth Taylor und Janet Leigh unter der Regie von Mervyn LeRoy (dt. als Kleine tapfere Jo). Eine zweiteilige US-Fernsehversion wurde 1978 produziert. Im Jahr 1994 verfilmte Gillian Armstrong das Buch mit Winona Ryder (dt. als Betty und ihre Schwestern). 2019 erschien eine weitere Filmadaptation durch Greta Gerwig mit Saoirse Ronan, Emma Watson, Florence Pugh und Eliza Scanlen.

In Japan entstanden mehrere Zeichentrickserien auf der Basis von Little Women; zum ersten Mal 1977 noch als eine Folge in der Serie Manga Sekai Mukashibanashi unter dem japanischen Titel der Romanreihe Wakakusa Monogatari (若草物語, dt. „Geschichten von jungem Gras“) und 1980 die erste vollständige Serie unter dem gleichen Titel. 1981 folgte mit Wakakusa no Yon Shimai (若草の四姉妹, dt. „die vier Schwestern des jungen Grases“) eine weitere. Die auch international bekannteste entstand als Teil der Literaturverfilmungen des World Masterpiece Theaters (WMT) 1987 mit Ai no Wakakusa Monogatari, das in Deutschland unter dem Titel Eine fröhliche Familie ausgestrahlt wurde. Auch die Romanfortsetzung Little Men wurde 1993 als WMT-Serie Wakakusa Monogatari: Nan to Jo-sensei, in Deutschland: Missis Jo und ihre fröhliche Familie, umgesetzt.

„Ich mag gute, starke Worte, die etwas bedeuten …“

9.11.20

Michelle Marly: Die Diva

 Maria Callas - ehrlich gesagt wusste ich bisher nichts über sie als dass sie "die" Opernsängerin schlechthin war und eine Affäre mit Onassis hatte.

Ich wusste nichts über ihre schreckliche Kindheit (ihre Mutter gab der Tochter keine Liebe und beutete sie nur aus) noch über ihre unglückliche Ehe. Der Ehemann Giovanni Battista Meneghini verwaltete ihr Geld und arrangierte ihre Aufträge. Seine Ausbeutung bestand darin, dass er Maria keine Pause gönnte, die sie um der Gesundheit willen aber unbedingt mal nötig hatte. Er schloss einen Vertrag nach dem anderen für sie ab. Bis sie eines Tages, als sie auf Urlaub bestand, von ihm erfuhr, dass kein Geld mehr da war. Sie traute ihm nicht mehr, Liebe war bei den beiden wohl eh kein Thema.

Als sie Aristoteles Onassis kennenlernte, gefiel er ihr vom ersten Moment an. Aber sie pflegten nur einen freundlichen Umgang miteinander. Er lud das Ehepaar auf seine Yacht ein, sorgte aber immer dafür, dass er nicht mit Maria alleine war. Es war die Zeit, als sich das nicht geschickt hatte, als sich Ehepaare nicht scheiden ließen und als die Frau kein eigenes Konto haben durfte.

Onassis wurde ihre große Liebe, lange hat er um sie geworben, bis sie endlich ein Paar werden konnten. Als sie beide sich von ihren jeweiligen Partnern scheiden ließen, wirbelte das viel Staub auf. Und Menighini tat alles, um Maria wehzutun.

Doch lange währte ihr Glück nicht, sie verließ Onassis und kam in der Folge einfach nicht mehr zur Ruhe - weder privat noch was ihr Künstlerleben betraf. So lange, bis Onassis wieder begann, um sie zu werben.

Einen kleinen Minuspunkt hat das Buch, obwohl man sich schnell dran gewöhnt. Die Geschichte spielt auf mehreren Zeitebenen. Einmal ihre Erinnerungen an ihre frühen Jahre, dann die Zeit, als sie Onassis kennenlernte und sie zusammenfanden und ein Sprung in die Zeit nach ihrer Trennung. Hat man aber diese Ebenen erst mal verinnerlicht, klappt die Einordnung beim Lesen doch sehr gut.

8.11.20

Abigail Adams

 * 11.11.1744 in Weymouth, Britische Kolonie, heute Vereinigte Staaten

† 28.10.1818 in Quincy, Massachusetts

Ehefrau des zweiten US-Präsidenten John Adams – somit die zweite First Lady, wobei der Begriff erst nach ihrem Tod geprägt wurde

Mutter des sechsten US-Präsidenten John Quincy Adams

"Ich bin mehr und mehr davon überzeugt, daß Männer eine gefährliche Kreatur sind, und je mehr Macht viele oder nur einige bekommen, desto mehr nützen sie sie aus und schreien wie die Totengräber nach mehr.“

Abigail Adams stammt mütterlicherseits von den Quincys ab, einer angesehenen Familie der Kolonie Massachusetts. Die Vorfahren des Vaters, Reverend William Smith, stammen aus England und wanderten nach Massachusetts aus. Abigail wurde wegen ihrer schwachen Gesundheit im Lesen und Schreiben zu Hause unterrichtet. Der Vater sorgte dafür, dass sie viel las, wofür ihr seine umfangreiche Bibliothek zur Verfügung stand. Drei Themen, für die sie sich besonders interessierte, kristallisierten sich heraus: Politik, Philosophie und die Werke Shakespeares.

Abigail Smith und der Anwalt John Adams (1735-1826) wurden 1764 von ihrem Vater getraut. Nach der Hochzeit lebte das Paar in Johns Geburtshaus, später zogen sie nach Boston und erwarben die Farm „Peacefield“. Fünf Kinder machten die Familie vollzählig.

Abigail war keine Schriftstellerin, sie wurde vor allem durch ihren Briefwechsel („Briefe“, postum 1840 von einem ihrer Enkel verfasst, „Familiäre Briefe“, postum 1876) berühmt, den sie mit den Eltern und Freunden, vor allem aber mit ihrem Ehemann führte. 

In den Briefen stellte sie sich als Bäuerin, Mutter und Politikerin dar. Zudem wurde sie die entschiedenste Wortführerin der amerikanischen Frauen, als die bürgerlichen Grundrechte in der Verfassung niedergelegt werden sollten. In einem ihrer historisch gewordenen Briefe schrieb sie ihrem Gatten: 

"Wenn die geplante Verfassung der Vereinigten Staaten uns Frauen keine gründliche Aufmerksamkeit schenkt, sind wir zum Aufruhr bereit und halten uns nicht für verpflichtet, uns Gesetzesbestimmungen zu unterwerfen, die uns keine Stimme und keine Vertretung unserer Interessen zusichern." 

Abigail war der Meinung, dass sich ein Volk, das sich allein auf die Tatkraft der Männer verlasse, sich einer seiner wirksamsten Stützen, der gebildeten Mütter, enthebe. So verlangte sie öffentliche Schulen auch für die Mädchen. Und nicht zuletzt auch durch sie durften wenigstens in den Staaten New Jersey und Virginia die Frauen Vertreterinnen in die Parlamente schicken.

John Adams wurde 1797 nach George Washington der zweite Präsident der Vereinigten Staaten. Auch als "Die Dame des Weißen Hauses" in Washington wirkte Abigail in dieser Eigenschaft umsichtig und klug für die Rechte der Frauen. 

1801 zog das Paar nach Quincy zurück. Acht Jahre nach Johns Tod starb sie 1818 an Typhus. Ihre letzte Ruhe fand sie neben ihm in der First Unitarian Church in Quincy.


7.11.20

Arturo Pérez-Reverte: Das Geheimnis der schwarzen Dame

 Klappentext
Die Restauratorin Julia stürzt sich nach einer gescheiterten Beziehung in die Arbeit. Im Madrider Prado soll sie am Gemälde eines flämischen Meisters aus dem 15. Jahrhundert arbeiten; darauf ein in eine Schachpartie versunkener Ritter und sein Herr, im Hintergrund die edle Dame in schwarzem Samt. Schon bald legt Julia eine geheimnisvolle Inschrift frei, die viele Fragen aufwirft. Fragen nach der Liebe und einer fünfhundert Jahre alten Schuld. Und als ihr Ex-Freund plötzlich stirbt, bleibt Julia keine Wahl: Sie muss – auch um sich selbst zu retten – das Geheimnis der schwarzen Dame lösen …

Mit gefühlvoller Dringlichkeit erzählt Arturo Pérez-Reverte von der Spurensuche einer jungen Frau. Er verknüpft die Liebe zur Malerei und den sehnsuchtsvollen Glanz einer vergangenen Zeit zu einem unverwechselbaren Spannungsroman.


Das Buch ist tatsächlich recht spannend. Schach nimmt in der Geschichte einen großen Raum ein. Dieses Spiel scheint Arturo Pérez-Reverte zu mögen. In seinem Buch Dreimal im Leben wurde es auch schon thematisiert.

Für einen Spieler ist es bestimmt interessant, nachzuverfolgen, ob die Spielzüge alle logisch sind.

Werden sie aber wohl sein, im Internet habe ich gelesen, dass der Autor wohl ein sehr guter Schachspieler ist.

Die Inschrift, die Julia laut Klappentext freilegt, lautet: "Wer tötete den Ritter?". Um diese Frage zu klären, holt sich Julia Hilfe bei ihrem ehemaligen Mentor Cesar, doch es bedarf eines richtig guten Schachspielers, um die Lösung zu finden.

Als Leserin wurde ich immer mal auf eine falsche Fährte geführt. Bis zum Schluss wollte ich nicht wahrhaben, wer der Täter ist.

Hier habe ich auch den tollen Schreibstil aus Ein Stich ins Herz wiedergefunden. Das reinste Lesevergnügen.

2.11.20

Patrick Ness, Siobhan Dowd: Sieben Minuten nach Mitternacht

Ich bin ja nah am Wasser gebaut - egal ob bei emotionalen Filmszenen, Buchabsätzen oder auch bei Musik. Hier musste ich schon allein beim Vorwort von Patrick Ness schlucken. Denn ursprünglich wollte Siobhan Dowd diese Geschichte schreiben. Doch sie wurde krank und erlag im Jahre 2007 einem Krebsleiden.

So habe ich nun eine Geschichte gelesen, von der Patrick Ness hofft, "das (sie) Siobhan gefallen hätte".

Dieses Buch stand schon einige Jahre bei mir im Regal. Ich habe es bei "Der Club" gekauft, den es in meiner Stadt schon eine ganze Weile nicht mehr gibt. Nun, zum #Halloweenlesen auf Mojoreads, dachte ich, passt es. 

Doch das Wochenende ist irgendwie nicht meine Zeit zum Lesen, von daher habe ich es natürlich mal wieder nicht geschafft, bei der Runde durchzuhalten.


Conors Mutter ist an Krebs erkrankt und seitdem plagt ihn Nacht für Nacht immer derselbe Albtraum. Und es kommt noch schlimmer: Eines Nachts klopft ein Monster bei ihm an und möchte ihm drei Geschichten erzählen. 

Kann es ihm eine Hilfe sein, wenn es darum geht, dass Conor seine Mutter loslassen muss?

Conor hat so schon genug zu kämpfen, da macht es seine Freundin Lily Andrews noch schwieriger, indem sie in der Schule von Conors Mutter erzählt hat. Und nun schauen ihn alle eigentümlich an, Schüler*innen wie Lehrer*innen.

Und sogar sein Vater, den er seit einem Jahr nicht gesehen hat, kommt aus Amerika.

Die Geschichte ist wunderbar illustriert und einfühlsam geschrieben. Und trotz des traurigen Themas gibt sie am Ende doch auch wieder Hoffnung.

Mira hat auch an diesem Helloweenlesen teilgenommen. Sie hat es mit dem Buch Das Gespenst von Canterville von Oscar Wilde versucht. Ob es ihr gefallen hat, erfahrt ihr hier.

1.11.20

Jens Andersen: Astrid Lindgren. Ihr Leben

Lesen mit Mira

Die Biografie hat sich einfach wunderbar gelesen. Da ich mich mit der Person Lindgren noch nie näher beschäftigt habe, erfahre ich hier natürlich viel Neues.

Nicht so sehr über ihre Kindheit, sondern mehr über ihre Jugend. Über ihre Männer, die Geburt des Sohnes Lasse und wie das überhaupt damals so war in Schweden mit alleinstehenden Frauen, die Kinder bekamen. Und vor allem, wie es für Lasse war, der ja nach der Geburt nicht bei der Mama bleiben konnte.

Das Buch ist gespickt mit vielen Fotos und vielen Briefausschnitten an die Familie und Freunde. Sie hat sich regelmäßig Notizen gemacht über das Aufwachsen ihrer Kinder.

So richtig mit dem Bücherschreiben hat Astrid Lindgren erst mit ungefähr 35 Jahren begonnen. Zuvor arbeitete sie als Volontärin bei der Ortszeitung Vimmerby Tidning. Dort lernte sie das Journalistenhandwerk und Reinhold Blomberg, den Eigentümer und Chefredakteur der Zeitung, kennen. Sie weigerte sich aber, ihn zu heiraten. Die ersten drei Jahre musste sie ihren Sohn Lasse in eine Pflegefamilie geben, was ihr schier das Herz brach. Doch dann zogen die beiden nach Stockholm, wo sie in einem Zimmer lebten, bis Astrid ihn zu ihren Eltern nach Näs bringen konnte. Ein letztes Mal umziehen musste der kleine Mann dann, als Astrid Sture Lindgren kennenlernte und sie beschlossen, zu heiraten. Am 21. Mai 1934 wurde ihre Tochter Karin geboren.

Astrid arbeitete für den Kriminologen Harry Söderman als Sekretärin; durch seine Vermittlung wurde sie "1940 vom schwedischen Geheimdienst als 'Kontrolleurin' eingestellt - eine Geheimtätigkeit in der Abteilung für Postzensur im Stockholmer Zentralpostamt". Hier dachte sie eher wirtschaftlich, da sie unbedingt in eine größere Wohnung ziehen wollte. Durch das Lesen der Briefe war sie allerdings auch viel näher dran am Krieg.

Nach dem Krieg sah Astrid einen Hoffnungsschimmer, wenn sie an die Kinder und Jugendlichen von morgen denkt. Sie geht leise davon aus, dass diese Kinder glücklicher aufwachsen und so eine humanere und großzügigere Generation heranwächst. Eine, die sich gegenseitig das Leben gönnt.

Ich glaube, wenn Astrid Lindgren heute noch leben würde, wäre sie erschüttert, was Kinder heute wieder erleben müssen.

1944 reichte Astrid ein Manuskript über Pippi Langstrumpf beim Verlagshaus Albert Bonniers Förlag ein, von dem sie abgewiesen wurde. Albert Bonnier sollte das auf immer und ewig bereuen.

Warum? Das lest selbst. Lernt Astrid Lindgren und ihre Familie und Freunde kennen. Sie war so viel mehr als "nur" eine Kinderschriftstellerin. Sie war Humanistin, Zivilisationskritikerin, politische Aktivistin.

Zum Abschluss möchte ich aber dann doch noch ein Zitat von Astrid Lindgren bringen und eine Bresche für das Buch schlagen:

"Es gibt keine Medien, die das Buch als Nährboden der Fantasie ersetzen können. Die heutigen Kinder schauen Filme, hören Radio und sehen fern, lesen Comics - das alles kann sicherlich amüsant sein, hat aber nichts mit der Fantasie zu tun. Ein Kind allein mit seinem Buch schafft sich irgendwo in den heimlichen Räumen der Seele seine eigenen Bilder, die alles andere übertreffen. Diese Bilder sind notwendig für den Menschen. An dem Tag, an dem die kindliche Fantasie nicht mehr imstande ist, sie zu erschaffen, an dem Tag wird die Menschheit ärmer.

Wenn ihr mehr über Astrid Lindgrens Eltern erfahren wollt und über ihre eigene glückliche Kindheit auf Näs, dann empfehle ich euch das Buch "Das entschwundene Land".

Meiner Meinung nach kann man sich die Geldausgabe für "Astrid Lindgren" von Sybil Gräfin Schönfeldt sparen, da da sehr viele Zitate aus dem "entschwundenen Land" auftauchen.

Miras Buchvorstellung