Signhild sitzt am Sterbebett ihres Großvaters und erinnert sich daran, wie er sie, als sie noch klein war und noch nicht zur Schule ging, ganz langsam und fürsorglich dahin bringt, ihr schlimmes Erlebnis, dass sie tief im Gedächtnis vergraben hat, und das nur in ihren Träumen mal hervorlugt, zu verarbeiten.
Dieses Buch ist ein Schatz; nicht unbedingt wegen der Geschichte. Was Signhild erleben musste und noch vor ihrer Geburt ihre Mutter Liv, ist einfach nur traurig und macht mich wütend. Aber Margaret Skjelbreds Sprache ist so schön, wie ich sie noch nie gelesen habe.
Mehr als 140.000 Menschen sind im Jahr 2018 nachweisbar Opfer von häuslicher Gewalt
geworden. Das geht aus der Polizeilichen Kriminalstatistik hervor.
- Statistisch betrachtet dauert es also nicht einmal vier Minuten, bis in Deutschland ein
Mensch neues Opfer von Gewalt in den eigenen vier Wänden wird.
- Das Dunkelfeld ist aber riesig: Nur ein kleiner Teil der Gewalttaten in den privaten vier
Wänden wird angezeigt.
- Dabei ist von einer Dunkelziffer von mindestens 80 Prozent auszugehen.
- Häusliche Gewalt ist demnach in jeder einzelnen Minute des Tages Realität in Deutschland.
- Häusliche Gewalt trifft vor allem Frauen: Fast 82 Prozent der Opfer sind weiblich.
- Knapp 18 Prozent der Gewaltopfer sind Männer.
- Männer suchen sich nach häuslicher Gewalt noch seltener Hilfe als Frauen.
Quelle: WEISSER RING
Leider sind die Hilfsangebote für Frauen, die häusliche Gewalt erleiden müssen, immer noch nicht ausreichend. Die Forderung an die Politik muss daher lauten: Mehr Frauenhäuser, mehr ausgebildete Fachkräfte, die sich um die Frauen und meistens auch Kinder kümmern können. Und viel mehr Angebote für Männer, die willens sind, sich ihrem Problem zu stellen.
Ein Thema, mit dem meine Familie auch Erfahrungen gemacht hat. Ich habe früher nie darüber offen gesprochen. Mittlerweile bin ich aber nicht mehr bereit, diese Erfahrungen totzuschweigen.
Auf den Bildern sind die beiden Männer (sie leben nicht mehr), vor denen ich in meiner Kindheit am meisten Angst hatte: mein Vater (li. mit mir) und mein Opa väterlicherseits. Beides Alkoholiker, die ihre Familie mit Gewalt tyrannisiert haben.
Ja, ich bin meinen Weg gegangen - aber glaubt es: Das hinterlässt Spuren und prägt fürs Leben. Erst vor einigen Jahren ist mir so richtig bewusst geworden, wie viele Entscheidungen, über die andere schmunzeln, ich auch heute noch unbewusst treffe, weil ich damals Angst vor diesen beiden Männern hatte.