30.9.19

Kalman Lis



Kalman Lis wurde 1903 in Kowel, Wolbynien, geboren. Er besuchte das polnische Gymnasium und studierte in Wilna und Warschau.  Schon während seiner Schulzeit begann er zu publizieren. Sein erstes Buch - „Straßen von Wolin“ - erschien 1930 in Warschau. Vor dem Krieg war er Mitglied unterirdischer revolutionärer Schriftstellerkreise. Eine "Erste internationale Anthologie der modernen jiddischen Poesie" sollte 1939 in Warschau erscheinen, kam aber wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs nie heraus. 1939 gewann er den IL Peretz Award für junge Dichter des Yiddish Pen Centre in Warschau.

Er spezialisierte sich auf die Betreuung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen. Von 1937 bis zu seinem Tod leitete er die Tsentos-Einrichtung, eine Erziehungseinrichtung für kranke Kinder in Otwosk bei Warschau. Am 1. September 1939 wurde seine Kinderklinik bombardiert und er selbst an den Füßen verletzt. Nachdem er sich in einem Warschauer Krankenhaus erholt hat, ging er zurück zur Kinderklinik, die 1942 von den Deutschen angegriffen wurde. Mit einigen Kindern lief er weg und versteckte sich, doch sie wurden gefunden und allesamt erschossen. Dabei gibt es zwei Deutungen: 1. Er wurde von Nazis getötet und 2, Er wurde von lokalen polnischen Bauern getötet.

Händchen

s ist, als ging mein Leben heut zu End -
ach, zu allen Teufeln, so ein Leben!
Waren blaugefrorne Kinderhänd
ausgestreckt, ich sollte etwas geben.

Händchen, die geschwollen sind vor Kält,
und mit weißen Flecken auf den Fingern.
Wollt ich schenken meine ganze Welt,
könnt ich ihnen geben nur das Singen.

Bitten aber Kinder mich nach Brot -
was kann da ein Dichter Kindern geben?
Bleibt nur eines: kämpfen mit der Not
bis zum letzten Blut für neues Leben.

s ist, als ging mein Leben heut zu End -
ach, zu allen Teufeln, so ein Leben!
Waren blaugefrorne Kinderhänd
ausgestreckt, ich sollte etwas geben.

18.9.19

Charlotte Krüger: Mein Großvater, der Fälscher - Eine Spurensuche in der NS-Zeit

Ein Buch "Gegen das Vergessen"? Wo es doch hauptsächlich um einen Täter geht. Bei meinen bisher gelesenen Büchern ging es immer um die Opfer.

Charlotte Krüger ist die Enkelin besagten Fälschers. Für sie war er der Großvater, den sie geliebt hat. Sie war zehn Jahre jung, als er starb. Sie hat sich auf die Suche nach Antworten zu ihren Fragen gemacht.

Und Fragen gibt es jede Menge. Und zu jeder Antwort, die man glaubt, erhalten zu haben, gibt es wieder jede Menge Fragen. Und gibt es überhaupt "die Antwort"?

Ja, mit der "Operation Bernhard" hat der SS-Sturmbannführer Bernhard Krüger einigen Juden das Leben gerettet. Schließlich gibt es aus diesem Arbeitsteam jüdische Überlebende. Aber auch nur, weil das KZ befreit wurde.
Wäre dies nicht geschehen, und die Fälscherarbeit beendet, wären die jüdischen Menschen vergast worden. Schließlich wurden nur Juden für dieses Projekt ausgesucht.

So richtig zur Verantwortung gezogen wurde Bernhard Krüger offiziell ja nicht. Er wurde "entnazifiziert" und dachte, es wäre damit erledigt. Doch Jahre später musste er sich den Anschuldigungen seiner Kinder stellen. Und das war viel schlimmer für ihn.

Aber ist eine familiäre Aufarbeitung überhaupt möglich? Kann oder will man sich als Sohn, Tochter oder Ehefrau vorstellen, dass der Vater oder Mann ein Kriegsverbrecher ist? Kann man nicht besser mit der Vorstellung leben, dass derjenige keine andere Wahl hatte?

Was ich während des Geschichtsunterrichts nicht gelernt habe, war, dass die Konzentrationslager zum Teil nach dem Zweiten Weltkrieg auch von den Russen weitergenutzt wurden. Ich könnte das noch akzeptieren, wenn sie dort die Kriegsverbrecher inhaftiert hätten, aber so war es nicht, nicht nur. Beispiel: Georg Kohn wurde 1942 für das Fälscherunternehmen im KZ Sachsenhausen verpflichtet. Nach dem Krieg wollte er zurück in seine Heimat. Das war zu der Zeit, als in Charlottenburg über die künftigen Grenzen Deutschlands verhandelt wurde. Und so kam er in die russische Zone und wurde dort verhaftet. Sie wollten ihm nicht glauben, dass er Jude sei. Das ginge nicht, da er noch lebe. In seiner Verzweiflung erzählte Kohn dann, dass er zuletzt bei dem Fälscherkommando dabei war. Nun machte man ihm den Vorwurf, mit den Nazis kollaboriert zu haben. Und das Ungeheuerliche geschah: Er wurde im KZ Sachsenhausen inhaftiert. Fast fünf Jahre hatte er gesessen für ein Verbrechen, für das eigentlich jemand anders hätte bestraft werden müssen.

Die Aufarbeitung ist noch lange nicht abgeschlossen. Und die Frage, warum Millionen Menschen einem Mann gefolgt sind, ist nicht leicht zu beantworten. Es gibt nicht "die Antwort" darauf.
Es ist aber wichtig, das zu verstehen. Damit es nicht noch einmal passiert.

16.9.19

Johanna, Elizabeth Greie

Greie, Johanna, Elizabeth , N. J. Amerika 250 Clark Place. Geboren in Dresden am 6. Januar 1864 als Kind armer Eltern, besuchte sie die Volksschule und trat, nachdem sie diese verlassen, in ein kaufmännisches Geschäft ein, nahm später eine Stellung in Magdeburg an, wo sie sich verheiratete.

Ein Freund ihres Gatten, Schriftsteller Karl Schneidt ermutigte sie, ihre ersten, schriftstellerischen Versuche zu veröffentlichen. Später war sie längere Zeit Mitarbeiterin an der in Magdeburg erscheinenden Gerichtszeitung und schrieb für verschiedene Tagesblätter Korrespondenzen und Feuilletons.

Infolge der politischen Überzeugung ihres Mannes, dessen Anschauungen sie teilte, gezwungen, Deutschland zu verlassen, siedelte sie mit demselben 1887 nach Amerika über. Von hier aus schrieb sie Korrespondenzen für deutschländische Zeitungen, Berichte über Erlebnisse, die ihr auf ihren Vortragsreisen 1888–1892 in Amerika wiederfuhren. Von grösseren Arbeiten ist besonders der Roman »Im Banne der Vorurteile«, welcher 1890 die Runde durch die fast gesamte Arbeiterpresse Amerikas machte, zu erwähnen; ferner eine Serie von Artikeln über »Die Frauenfrage«, »Märtyrer des Kapitals«, »Kinderarbeit«. Eine Menge kleinerer Novellen, Erzählungen und Skizzen erschienen in vielen amerikanischen und deutschen Zeitschriften und Zeitungen.

13.9.19

Sofie Frank

Das "Nürnberger Künstlerlexikon: Bildende Künstler, Kunsthandwerker, Gelehrte" ´, herausgegeben von Manfred H. Grieb, enthält über Sofie Frank nur diesen Eintrag:

"Frank, Sofie geb. Tuchmann, Mundartdichterin, * 5. 2. 1854 Uehlfeld b. Neustadt/Aisch - † 16. 8. 1930 Nürnberg. MuS: NÜRNBERG,StadtB. Ausst.: 1966/5.

Da bietet uns Sophie Patacky in ihrem Lexikon deutscher Frauen der Feder schon ein paar mehr Informationen über die Dichterin.

Sofie Frank wurde am 5. Februar 1854 in Nürnberg, Neudörferstrasse 15, zu Fürth in Bayern geboren, wo ihr Vater Kaufmann war. Mit sechs und sieben Jahren besuchte sie die Töchterinstitute der Stadt. Sie war anders als die anderen Mädchen: ihr Sinn war ernst, laute Spiele und Lustigkeiten waren ihr fremd. Sie las und lernte gerne. Die Neigung zur Poesie hatte sie wohl vom Varer. Die Mutter bestärkte sie darin und so schuf sie viele Gelegenheitsdichtungen.

Mit 21 Jahren heiratete sie den Kaufmann Frank. Als Hausfrau und Mutter widmete sie sich mit regem Eifer dichterischer und schriftstellerischer Tätigkeit - ging mit diesen Versuchen auch an die Öffentlichkeit. Aufführungen, Chorlieder und Ähnliches schrieb sie für Vereine und Privatkreise. Sie verfasste auch Rätselaufgaben. Gut 300 Rätsel von ihr sind in den bedeutendsten Zeitungen und Zeitschriften abgedruckt worden. Vornehmlich in Nürnberg wurden auch Feuilletons, Humoresken, Erzählungen, Berichte, Gedichte, hochdeutsch und in allen Dialekten, veröffentlicht.

Sie war Mitglied der angesehensten litterarischen Vereinigungen und bekleidete beim dortigen Journalisten- und Schriftstellerverein das Ehrenamt der 1. Schriftführerin. Belohnt wurde sie mit Preisen und Auszeichnungen. Zur nationalen Ausstellung in Nürnberg im Jahre 1896 erschien ein "Bayerisches Dichteralbum", in dem von ihr ein größeres humoristisches Gedicht veröffentlicht wurde, das den Wettstreit der beiden Städte München und Nürnberg behandelte.

10.9.19

Karlen Vesper: Die Puppennäherin von Ravensbrück - Zwölf Porträts

Immanuel Kant sagte einst: "Die Unmenschlichkeit, die einem anderen angetan wird, zerstört die Menschlichkeit in mir."
Diesem Ausspruch liegt die moralische Verpflichtung des Einzelnen zugrunde, Unheil abzuwenden. Er gibt gleichzeitig Hoffnung, dass Bewusstsein menschliches Handeln unterbinden kann. In den wohl dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichten wog diese Verpflichtung schwerer denn je.

Günters Vater Ludwig Pappenheim wurde schon am 25. März 1933 verhaftet. Ein politischer Konkurrent hatte ihn angezeigt. Als die Haftzeit vorbei war, wurde er aber nicht entlassen, sondern in "Schutzhaft" genommen. Er kam ins KZ Breitenau bei Kassel, danach ins Börgermoor bei Papenburg im Emsland. Das war eines der ersten KZs in Nazideutschland und war noch dem Reichsjustizministerium unterstellt und wurde von "Schutzpolizisten" bewacht. Die SS übernahm dann später die Moorlager.
Hier in Börgermoor wurde erstmals das "Lied der Moorsoldaten" gesungen. Die Wachmannschaften ließen es zunächst zu, doch dann erfassten sie den Sinn der letzten Strophe und verbaten es:

"Doch für uns gibt es kein Klagen,
ewig kann's nicht Winter sein.
Einmal werden froh wir sagen:
Heimat, du bist wieder mein.
Dann zieh'n die Moorsoldaten
nicht mehr mit dem Spaten
ins Moor!"

Die Befreiung erlebte Ludwig nicht mehr. Angeblich wurde er auf der Flucht erschossen. Doch durch die Misshandlungen war er dazu gar nicht in der Lage. Noch dazu prahlte der SS-Mann Johann Siems später mit seinem "Meisterschuss", mit dem er Ludwig niedergestreckt hat.
All dies hat Günter miterlebt. Erst als Lehrling konnte er wieder Freundschaften schließen. Diese findet er bei Zwangsarbeitern: Franzosen, Belgier, Niederländer, Russen, Jugoslawen.
14. Juli 1943 - es ist der Nationalfeiertag Frankreichs. Günter überrascht die Freunde und spielt für sie auf seiner Zieharmonika die "Marseillaise". Doch sie werden unvorsichtig, zu laut, und Günter wird verhaftet und gefoltert. Er ist erst 17. Günter kommt in "Schutzhaft", dann ins KZ Buchenwald. Er hatte Glück und überlebte das Grauen.

Zwölf Geschichten wie diese enthält dieses Buch. Über junge Menschen, die in einer sehr schwierigen Zeit menschlich geblieben sind.
Wie zum Beispiel Elisabeth Jäger aus Wien. Sie gehörte der Kommunistischen Jugend an und wurde durch Spitzel verraten. Sie verbannte man ins KZ Ravensbrück.

Die einzelnen Geschichten bleiben nicht so dicht bei den hier beschriebenen Personen. Wir erfahren etwas mehr aus der politischen Geschichte: Wie aus der KPD und SPD die SED entstand. Namen und Fakten von Antifaschisten und Kriegsverbrechern.
Die Firma Siemens zum Beispiel hatte in vielen Konzentrationslagern Produktionsstätten. Hermann von Siemens, Firmenchef, sitzt nach dem Krieg zwar für kurze Zeit im Nürnberger Kriegsverbrechergefängnis, doch er wurde nie angeklagt. Eine Entschädigung wird seinen Sklavenarbeitern erst Jahrzehnte später unter nationalem und internationalem Druck zuteil.

Aber auch ansonsten müssen die Frauen wie Sklaven arbeiten, werden vor tonnenschwere Walzen gespannt. Ein SS-Mann höhnisch:

"Häftlinge kommen billiger als Pferde. Erstens muss man sie nicht kaufen; sie werden gratis ins Lager geliefert. Zweitens kosten Steckrüben weniger als Heu, und drittens liefert ihre Asche noch guten Dünger."

Da wird mir doch ganz übel, wenn ich heute in den Sozialen Medien - vorrangig bei Facebook - solche Sätze wieder lese. Da darf ungestraft geschrieben werden, dass die oder der Politiker ins Gas geschickt werden sollte. Dass die KZs ja noch vorhanden wären. Man bräuchte sie für die Flüchtlinge nur wieder aufzumachen. Rassismus und Rechtradikalismus haben bei uns wieder eine Bühne. Und das macht mir mächtig Angst.

Bevor ich euch nun alle mutigen Menschen aus diesem Buch vorstelle, lege ich euch dieses Buch wärmstens ans Herz.

Wer das Neue Deutschland abonniert hat, kann einen Artikel über die Puppennäherin von Ravensbrück hier nachlesen: www.neues-deutschland.de: Die Puppennäherin von Ravensbrück (neues deutschland)

Auf youtube gibt es ein Filmchen mit den "Moorsoldaten", gesungen von Hannes Wader. Dort ist auch der deutsche und russische Text des Liedes nachzulesen:


9.9.19

Astrid Lindgren: Ronja Räubertochter

Lesen mit Mira

Ronja kam in einer Gewitternacht auf der Mattisburg auf dem Mattisberg zur Welt. Lovis und Mattis waren die glücklichen Eltern. Kurz nach ihrer Geburt schlägt es auf der Burg ein und sie barst, dass sie nun zweigeteilt war und zwischen den beiden Hälften ein Abgrund lag.
Lovis war der Meinung, dass Ronja die Männer mit der Zeit närrisch machte. In Ordnung, sie packten weniger grob zu und bemühten sich etwas mehr um Anstand, aber

"ganz gewiss war es unnatürlich, wenn zwölf Räuber und ein Räuberhauptmann dümmlich grinsten und jubelten, als hätten sie nie ein größeres Wunder auf Erden erlebt, bloß weil ein kleines Kind gerade gelernt hatte in der Steinhalle herumzukriechen".

Die Steinhalle war Ronjas Welt. Hier konnte sie sicher spielen und abends hörte sie die Räuber singen und sie tat es ihnen nach und sie sah sie tanzen und hopsen und schon bald tanzte und hopste Ronja durch die Halle.

Doch dann kam der Tag, an dem Mattis sie in die Welt lassen musste. Und er erklärte ihr, wovor sie sich in Acht nehmen musste. Am gefährlichsten waren die Druiden - und von denen wurde Ronja eines Tages gejagt. Auf ihrer Flucht sprang sie in den Fluss und tauchte hinüber auf die andere Seite - wo sie jemanden sitzen sah.

Und so lernte sie Birk Borkasohn kennen, Sohn von Borka und Undis, die einfach mit den Borkaräubern in die andere Hälfte der Mattisburg eingezogen sind.Die beiden befreunden sich, was den Eltern natürlich nicht behagt. So kommt es zum großen Streit und Ronja und Birk verschwinden und übersommern in einer Höhle.

Ob die beiden zurechtkommen und vor allem, ob sie sich wieder mit den Eltern vertragen können und wie es mit den beiden Räuberbanden weitergeht, das lest selbst.

Ich glaube ja, die Kinder lieben Astrid Lindgren wegen ihres wundervollen Wortschatzes: Donnerdrummel, Hosenschisser - herrlich.

Den Erwachsenen wünsche ich die Astrid-Lindgren-Geschichten als Pflichtlektüre, damit sie wieder daran erinnert werden, um was es im Leben eigentlich geht. 

Hier gehts zur Buchvorstellung von Mira.

8.9.19

Vicke Schorler

Wie schon erwähnt, bin ich ein Rostocker Kind, 1964 dort geboren, aufgewachsen, habe alle sozialistischen Einrichtungen (Kinderkrippe, Kindergarten, Vorschule, Schule, Berufsschule) durchlebt, habe dort geliebt und gelebt.

Die letzten zwei, drei Jahre, bevor ich nach Ostfriesland übergesiedelt bin, hatte ich begonnen, mich mit der Rostocker Heimatgeschichte zu beschäftigen. Habe alles gelesen und aus Zeitungen abgeschrieben, was ich in die Finger bekommen habe. Habe die Bibliothek durchforstet und eine ganze Woche Urlaub im Rostocker Stadtarchiv verbracht, wo ich dann diesen Schatz entdeckt habe und käuflich erwerben konnte: Warhaftige Abcontrafactur der hochloblichen und weitberumten alten See- und Hensestadt Rostock, Heuptstadt im Lande zu Meckelnburgk 1578 - 1586, erschienen im Hinstorff-Verlag 1965.

Warhaftige Abcontrafactur der hochloblichen und weitberumten alten See- und Hensestadt Rostock, Heuptstadt im Lande zu Meckelnburgk 1578 - 1586

Vicke Schorler wurde um 1560 in Rostock geboren. Von Beruf war er Krämer und er hat zwei historisch bedeutende Werke über die Hanse- und Hafenstadt Rostock gefertigt. Die Vicke-Schorler-Rolle und eine anonyme Rostocker Chronik von 1583 bis 1625.

Über sein Leben ist kaum etwas bekannt. Dass er diese Chronik geschrieben hat, kam nur durch Zufall heraus, und auch auf der Schorler-Rolle kann man seinen Namen nur einmal finden. Als er begann, die Rolle zu zeichnen, war er gerade mal 18 Jahre jung, mit 25 Jahren (1586) hat er sein Werk vollendet.

Hinstorff Verlag

Man fand keine Informationen, ob diese beiden Arbeiten bei ihm in Auftrag gegeben worden sind. Sie entstanden wohl aus einem persönlichen Interesse an seiner Heimatstadt Rostock.

Da ging es mir quasi wie dem Vicke - ich habe nämlich auch eine Rostocker Chronik begonnen. Aus Büchern, Zeitungen und Zeitschriften habe ich alle Infos, die mit Datum versehen waren, herausgeschrieben. Meine Word-Datei ist mit Schriftgrad 9 155 Seiten lang. Sie beginnt mit 8000 v.d.Z. und endet mit dem 25. April 2003. 

Doch zurück zu Vicke Schorler. Er hatte einen Bruder. Man nimmt an, dass die beiden, da sie kaum Geld besaßen, Witwen heirateten und zu ihnen zogen. Am 11. Januar 1589 erwarb Vicke das Bürgerrecht als Krämergeselle. Weitere persönliche Infos sind nachzulesen bei Wikipedia.



Die Vicke-Schorler-Rolle befindet sich heute im Rostocker Stadtarchiv. Sie ist eine kolorierte Federzeichnung, 18,68 Meter lang und 60 Zentimeter hoch (in dieser Größe befindet sie sich auch in diesem Buch). Auf ihr sind die Stadt Rostock und ihre Umgebung abgebildet.

Hauptstadt ist hier nicht politisch gemeint, sondern bedeutet vielmehr die wichtigste und größte Stadt im Land. Das spiegelt sich auch im Bildaufbau wider. Rostock steht im Zentrum und beansprucht fast die gesamte Rolle. Nur an den Rändern befinden sich Kirchdörfer wie Kessin und Schwaan oder etwas größer die fürstliche Residenz Güstrow (deren älteste Abbildung im Übrigen die auf der Schorler-Rolle ist); auch Warnemünde ist in einer Aufsicht zu erkennen. 

Wichtige Gebäude, Straßen und Handelswege sind auf der Rolle zu sehen, aber auch Schiffe und Personen, wie Händler und Studenten, die bei ihren Tätigkeiten zu sehen sind. 

Acht Jahre hatte Schorler für die Fertigstellung gebraucht. Alles in der Freizeit. Zum Schluss schrieb er drunter: „Anno Domini 1586 am Tage Sankt Johannis des Teuffers habe ich, Vicke Schorler dis vorgehemde Werck gantz un gar vollenbracht.“












Vicke Schorler starb 1625.

Auf der Wikipedia-Seite kann man übrigens einen etwas längeren Blick auf die Vicke-Schorler-Rolle werfen. 

7.9.19

Reiner Engelmann: Schlaglicht

Engagement für die Schwachen

Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gelten die in der UN-Kinderrechtskonvention festgelegten Grundsätze über die Rechte des Kindes. Unabhängig von Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion…

Durch Steffen erfahren wir, wie er in die Skin-Szene reingerutscht ist. Leichtes Spiel hat man bei Jugendlichen, die unzufrieden sind. Und das war Steffen. Zu Hause fühlte er sich alleine. Keiner hatte Zeit für ihn – weder die Mutter, die sich um den jüngeren behinderten Bruder kümmern musste, noch der Stiefvater, der die Mutter zwar geheiratet hat, die Kinder aber nicht adoptieren wollte.
Geködert wurde er mit Musik, von der er zwar kaum den Text verstand, aber der Sound – so etwas hatte er noch nie gehört. Er kam in eine Gruppe, machte sich mitschuldig – bis es ihn eines Tages persönlich betraf.
Der Ausstieg aus der Gruppe sollte ihm teuer zu stehen kommen.

Reiner Engelmann zeigt nicht nur, wie leicht es ist, den falschen Weg einzuschlagen, sondern auch, dass die Institutionen, wenn die Täter sich verantworten müssen, oft nicht genau genug hinschauen.

Wir lernen Daniel kennen, der von klein auf von seinem Vater geschlagen wird. Manches Mal so doll, dass er im Kindergarten nicht am Turnen teilnehmen durfte, weil die Erzieherinnen sonst die blauen Flecke am ganzen Körper gesehen hätten.
Was macht das mit einem Kind? Das nie Liebe erfahren hat. Kein gutes Wort. Kein Familienleben? Das so weit getrieben wird, sogar von sich aus zum Jugendamt zu gehen und um Einweisung in ein Heim zu bitten.

Reiner Engelmann stellt uns die Lebensbedingungen einiger junger Menschen vor – die meisten von ihnen hat er persönlich kennen gelernt. Über andere hat er von Dritten erfahren.
2008 hat er uns in dem Buch "Kinder: ausgegrenzt und ausgebeutet: In Zusammenarbeit mit Amnesty International" schon einmal über Kinder, denen das Recht, Kind zu sein, genommen wird, berichtet.

Acht Jahre später sind wir immer noch von der Verwirklichung der UN-Kinderrechtskonvention sehr weit entfernt. Und das nicht nur in armen Ländern, nein, auch hier im reichen Deutschland.

5.9.19

Gerd Brantenberg

Gerd Mjøen Brantenberg wurde am 27. Oktober 1941 in Oslo geboren und wuchs in Fredrikstad auf. Sie studierte Englisch, Geschichte und Sozialwissenschaften in London, Edinburgh und Oslo, war Lehrerin an verschiedenen Gymnasien und ist seit 1982 freischaffende Autorin. Sie greift zum Teil mit satirischen Mitteln die Unterdrückungsmechanismen der patriarchalischen Gesellschaft an.
Ab 1972 war sie elf Jahre in einem Osloer Frauenhaus tätig und gründete 1978 ein literarisches Frauenforum, das Frauen zum Schreiben und Veröffentlichen ermuntert.
Mit ihrem Roman Die Töchter Egalias hatte sie 1977 ihren internationalen Durchbruch. Hier beschreibt sie das Fantasieland Egalia, in dem die Frauen die Macht haben und die Geschlechterrollen umgekehrt sind. Das Buch wurde in Deutschland mehr als 150.000 Mal verkauft. Es gab vom Verlag Olle & Wolter neun Auflagen.

Frl. Maria Catharina Haass

Maria Catharina Haas wurde am 29. Februar 1844 im Westricher Kreisstädtchen Ottweiler in Rhein-Preussen geboren. Sie bildete sich in Trier und Koblenz für das höhere Lehrfach aus. Sie wollte Pianistin werden, daher studierte sie Kontrapunkt und Harmonielehre. Sie veröffentlichte lyrische und epische Poesien, Humoresken, Skizzen und Novelletten und wandte sich dann der Schriftstellerei zu. Sie arbeitete an mehreren Zeitschriften und redigierte zwei Jahre die "Musikalische Jugendpost".



In der "Hamburger Musikzeitung", "Neue Musikzeitung" in Stuttgart usf. erschien eine große Anzahl musikalischer Fachaufsätze. Ihre Gedichte erschienen in "Deutschlands Dichterinnen" von Karl Wilhelm Bindewald, "Dichterheim" (Wien), "Dichter- und Künstlerbuch" (Berlin) und in anderen Zeitschriften und Blättern. Es wurden auch Klavierkompositionen und Lieder von ihr gedruckt.

Geschrieben hat Frl. Maria Catharina Haass unter den Pseudonymen C. Haass, Balthasar Ludwig und C. Westphal.

Sie lebte in Mainz, in der Schulstraße 40.

1.9.19

Margaret Drabble

Von summonedbyfells - https://www.flickr.com/photos/summonedbyfells/6266187386/, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=48097247

Margaret Drabble wurde am 5. Juni 1939 in Sheffield, Yorkshire geboren. Sie ist eine britische Schriftstellerin und Literaturkitikerin. Sie besuchte ein Quäker-Internat in York und studierte Englisch. Bevor sie mit ihrer literarischen Arbeit begann, arbeitete sie als Lektorin am Newnham College in Cambridge und sie war Schauspielerin bei der Royal Shakesperae Company.

1960 heiratete sie den Schauspieler C. Swift - die Ehe wurde 1975 geschieden. Seit 1982 ist sie mit dem Biografen Michael Holroyd verheiratet und lebt mit ihm in London und Somerset. Die Schriftstellerin A. S. Byatt ist ihre Schwester.

Margaret Drabble schrieb Romane, Kurzgeschichten und einige Dramen. Für Jerusalem The Golden (Jerusalem - Goldene Stadt) wurde sie 1968 mit dem James Tait Black Memorial Prize ausgezeichnet. Seit 1979 ist sie Herausgeberin des Oxford Companion to English Literature. Man wählte sie 1989 in die American Academy of Arts and Sciences und 2002 wurde sie als auswärtiges Ehrenmitglied in die American Academy of Arts and Letters aufgenommen.
Ihr Interesse galt den Schriftstellern Arnold Bennett und Angus Wilson - über die beiden schrieb sie Biografien.

Mit intellektueller Ehrlichkeit und aus sehr feministischer Perspektive in ironisch, kühlem Stil seziert sie die Lebensprobleme absolut emanzipierter Frauengestalten.